© Deutsche Provinz der Salesianer Don Bosco
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Benediktbeuern nach dem Unwetter

Zusammen schaffen wir das!

Lesedauer 6 Minuten
Quelle: Kloster Benediktbeuern/Christina Tangerding
08.09.2023

Nach dem verheerenden Unwetter am 26. August in Benediktbeuern sind die Menschen im Kloster und im Dorf immer noch schockiert. Zugleich erleben sie einen einzigartigen Zusammenhalt und große Hilfsbereitschaft. Zahlreiche Arbeitseinsätze, Unterstützungsangebote und Spenden zeigen, wie viel der Ort den Menschen bedeutet.

Zehn Minuten haben gereicht, um am Nachmittag des 26. August die Gemeinde und das Kloster Benediktbeuern zu verwüsten. Fenster zerbarsten, Dächer wurden abgedeckt, Bäume entwurzelt. Wasser drang in die Gebäude ein. Störche, Rehe und andere Tiere starben. Menschen kamen wie durch ein Wunder nicht zu Schaden.

Gut eine Woche nach dem dramatischen Ereignis ist das Dorf im bayerischen Voralpenland immer noch im Ausnahmezustand. Fast jedes Dach ist mit türkisblauen oder weißen Planen geschützt. Baufahrzeuge säumen die Straßen. Auf dem Klostergelände sind zahlreiche Handwerker und Helfer im Einsatz. Dachziegeln werden zusammengekehrt und abtransportiert, Zimmer von letzten Scherben befreit und Böden gewischt. An den zunächst notdürftig mit Plastikplanen abgeklebten Fenstern werden Spanplatten angebracht. Über dem Dach der Basilika kreisen Drohnen.

Der Schock sitzt tief bei den Menschen im Kloster Benediktbeuern, bei den Ordensleuten, den Mitarbeitenden und den vielen jungen Menschen, die an diesem Ort lernen, leben oder an den vielfältigen Veranstaltungen teilnehmen. Zugleich ist die Kloster-Familie überwältigt von der einzigartigen Hilfsbereitschaft und dem Zusammenhalt, der im Kloster selbst und weit darüber hinaus zu spüren ist. Personen aus der Region und aus ganz Deutschland bieten telefonisch, per E-Mail oder auf Social Media ihre Hilfe an, fragen nach Spendenmöglichkeiten oder möchten einfach ihre Sorgen oder ihr Mitgefühl zum Ausdruck bringen.

„Alle haben das gleiche Ziel im Blick, nämlich so schnell wie möglich alles dafür zu tun, dass hier wieder Gruppen in Empfang genommen werden können, dass das Wohnen wieder möglich wird“, erklärt Klosterdirektor Pater Heinz Menz, der erst Mitte August sein Amt angetreten hat und nun gleich, zusammen mit Einrichtungsleiter Franz Wasensteiner, als Krisenmanager tätig sein muss. Er wachse aufgrund der Situation und dank der internen und externen Hilfen sehr schnell in seine neuen Aufgaben hinein. „Ich merke, dass die Mitarbeitenden unwahrscheinlich aktiv sind und gewillt, das Ganze so zügig wie möglich wieder nach vorne zu bringen.“

Auch der Bürgermeister von Benediktbeuern Anton Ortlieb lobt den starken Zusammenhalt angesichts der Notlage.

"Die Gemeinschaft zwischen Gemeinde und Kloster ist gut. Wir pflegen kontinuierlich einen intensiven Austausch miteinander. Dieser Zusammenhalt bewährt sich jetzt in der Krise.“ Dass das Zentrum für Umwelt und Kultur kurzfristig eine Kinderbetreuung für unwettergeschädigte Familien auf die Beine gestellt habe, sei ein Zeugnis davon, dass Dorf und Kloster zusammenstehen. Ortlieb ist sich sicher: „Miteinander werden wir es schaffen, die Situation zu meistern.“

Das Kloster Benediktbeuern, eine mehr als 1.250 Jahre alte barocke Anlage, ist einer der touristischen Anziehungspunkte in der Region und ein weithin bekanntes geistliches Zentrum. Seit 1930 nutzt die katholische Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos das ehemalige Benediktinerkloster für ihre Arbeit mit jungen Menschen. Unter anderem eine Jugendbildungsstätte, eine Jugendherberge, ein Zentrum für Umwelt und Kultur sowie eine Hochschule sind hier angesiedelt. Rund 20.000 Kinder und Jugendliche jährlich nehmen an Bildungsveranstaltungen oder sozialen Projekten teil.

Der 16-jährige Michael Eibl kennt das Kloster seit seiner Kindheit. Er ist als Jugendleiter bei Veranstaltungen der Jugendbildungsstätte Aktionszentrum (AZ) tätig und leitet ein Gartenprojekt. Seit dem Abend nach dem Unwetter ist der Schüler, der in einer Gemeinde östlich von München wohnt, immer wieder vor Ort und packt an, wo Hilfe benötigt wird. „In den letzten beiden Tagen habe ich bei der Räumung und Sicherung des Westbaus mitgeholfen. Eine Aufgabe war zum Beispiel, die Kühlschränke, Waschmaschinen und weitere elektrische Geräte zu sichern“, erzählt er. Zuvor hatte er dazu beigetragen, den Aufenthaltsraum für die Einsatzkräfte vorzubereiten, und Hinweisschilder für das Gelände entworfen.

Auch für die rund 150 Mitarbeitenden des Klosters und des Zentrums für Umwelt und Kultur (ZUK) ist seit dem Unwetter nichts mehr wie es vorher war. Statt mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten, Gästezimmer herzurichten oder Veranstaltungen zu organisieren, heißt es jetzt Scherben aufkehren und Fenster abkleben. Zahlreiche Büros und Zimmer sind unbenutzbar. Das Kloster und seine angeschlossenen Einrichtungen sind geschlossen. Große Teile der Anlage können nicht oder nur mit Schutzhelm betreten werden. 

Luca Putzirer ist Bildungsreferent im ZUK. Seit einigen Tagen leitet er die von Kloster und ZUK initiierte Freizeitbeschäftigung für Kinder und Jugendliche aus Benediktbeuern und Umgebung. Die Aufgabe gefällt ihm, weil er das Gefühl hat, dass er damit etwas Stärkendes, Positives für die Kinder erreichen kann. „Wir ermöglichen Kreativität und unterstützen beim Basteln. Wir fragen, ob sie Spiele spielen wollen, was sie gerade brauchen, ob sie reden möchten“, so der Pädagoge. „Es geht einfach darum, einen sicheren Ort für sie aufzubauen und zu gestalten.

Wie es weitergeht, ist noch nicht ganz klar. Die Aufräumarbeiten gehen voran. Die Schadensermittlung läuft. Bis das Kloster zum Normalbetrieb zurückkehren kann, wird es noch eine Weile dauern. Doch zumindest ein Rumpfangebot an Jugendbildung soll so schnell wie möglich wieder stattfinden. „Der Schaden ist groß, aber es gibt Bereiche, die gerettet werden konnten“, sagt Provinzökonom P. Stefan Stöhr, der in der ersten Woche täglich vor Ort war und mitgeholfen hat, die anstehenden Aufgaben zu koordinieren. „Dort werden wir bald wieder unserem Kernauftrag, mit jungen Menschen zu arbeiten und sie ins Leben zu begleiten, nachkommen.“ Bald, das heißt, sobald die betreffenden Gebäude und Außenbereiche wieder sicher zugänglich und nutzbar sind.

„Die Arbeit ist natürlich anders, als ich es erwartet hatte“, sagt Philomena Blüml, die Mitte August als eine von acht Freiwilligen ihren Dienst im Zentrum für Umwelt und Kultur angetreten hat und bisher vor allem an den Sicherungs- und Aufräumarbeiten im Maierhof beteiligt war. „Aber ich bin froh, dass ich hier bin und mithelfen kann“, so die 18-Jährige. „Jeder packt mit an, es geht voran. Die Koordination ist sehr gut. Wir wissen, was zu tun ist, sowohl draußen im Moor im Naturlehrgebiet als auch im Haus, damit der Betrieb so schnell wie möglich wieder losgehen kann.“

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