Der Beruf einer Hebamme
Arbeiten am Beginn des Lebens
Quelle: ro/ Marina Meirich
Es ist wohl einer der ältesten Berufe der Welt und einer, den es vermutlich für immer geben wird: Hebamme. Sie betreuen Schwangere, Mütter und Kinder. Der Beruf ist nicht immer einfach, auch weil mehr und mehr Geburtenstationen in der Region schließen und sich weniger Menschen für den Beruf interessieren. Redakteurin Marina Meirich hat mit Hebamme Anke Weber aus Murnau über die Arbeit als Hebamme gesprochen: darüber, was den Beruf so besonders macht, aber auch über die anstrengenden Seiten und Probleme sowie über eventuelle Lösungen.
Was macht eine Hebamme?
Anke Weber arbeitet seit 20 Jahren als Hebamme. Schon früh wusste sie, dass das ihr Traumjob ist. „Da zu sein, wenn ein neues Menschlein in die Familie kommt und die Familie zu betreuen, von Anbeginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit“, das ist das besondere an ihrem Beruf. Denn Hebammen leisten nicht nur Geburtshilfe, sondern begleiten Familien in Schwangerschaft und Stillzeit, unterstützen beim Aufbau der Mutter-Kind-Bindung oder beraten in Sachen Babynahrung. Der Arbeitsalltag ist vielfältig: schwangere Frauen stellen sich in der Praxis vor, Vorsorgeuntersuchungen werden gemacht, Geburtsvorbereitungs- oder Rückbildungskurse angeboten.
Generell gibt es Hebammen, die festangestellt nach Dienstplan in Kliniken arbeiten und selbstständige Hebammen, die kaum einen geregelten Alltag haben, so wie Anke Weber. Für sie gibt es keine festen Arbeitszeiten, die Frauen können sie fast immer über den Tag kontaktieren. Wenn eine Geburt ansteht, dann sind lange Ausflüge oder nicht-erreichbar-sein tabu. Eine normalverlaufende Geburt kann die Hebamme dann aber komplett allein betreuen. "Und das zeichnet den Beruf auch aus", sagt Anke Weber, "die große Verantwortung, die damit einhergeht."
Der Hebammenmangel und andere Probleme
Schon seit vielen Jahren gibt es einen Mangel an Hebammen. Der Berufszweig ist mittlerweile auch als Studium möglich und obwohl die Plätze nicht weniger werden, sind die Fachkräfte kaum zu finden. Woran das liegt? Laut Anke Weber daran, dass viele erstmal in die Klinik gehen, um Erfahrung zu sammeln oder weil sie sich die Selbstständigkeit nicht zutrauen. Auch werden manche selbst Mütter und arbeiten dann nur noch in Teilzeit. Oder die geben ihren Job wegen der schwierigen Arbeitsbedingungen auf. Denn 7 Tage die Woche, fast 365 Tage im Jahr zu arbeiten, das kann belastend sein. „Viele Kolleginnen scheiden auch vorzeitig aus, weil sie ausgebrannt sind“, sagt Anke Weber. Denn Hebammen arbeiten für wenig Geld, aber mit hoher Verantwortung. Für freie Hebammen bringt der Job auch noch enorm viel Bürokrtie mit sich, was viele überfordert. Außerdem machen niedrige Bezahlung und hohe Berufshaftpflicht ein wirtschaftliches Arbeiten fast unmöglich.
Dadurch, dass es immer weniger Geburtenstation in der Region gibt, ist die geburtshilfliche Versorgung nur noch reduziert vorhanden. Mütter müssen teilweise sehr weit in die nächste Klinik fahren und können nicht dort gebären, wo sie gerne würden. Viele Frauen verunsichert das laut Anke Weber. Und durch die wenigen Geburtenstationen bleibt die Arbeit drumherum, also Vor- und Nachbereitung und Begleitung an immer weniger frei arbeitenden Hebammen hängen.
Was sollte sich ändern?
"Ich glaube es muss ein Umdenken stattfinden, wie dieser Beruf gesehen wird.", meint Anke Weber, "Man muss völlig neu denken: wie sind die Stukturen und wie ist die Bezahlung in diesem Beruf." Denn zum Beispiel müssen freiberufliche Hebammen eine extrem hohe Berufshaftpflicht zahlen, weil sie eben am Anfang des Lebens arbeiten und wenn wirklich einmal etwas passiert, können die Konsequenzen eben teuer sind. Dadurch verdienen die Hebammen sehr wenig.
Damit der Beruf wieder attraktiver für junge Menschen wird, muss sich also auch auf politischer Ebene etwas ändern. "Die Politik sollte sich den Beruf auf die Fahnen schreiben." Die Finanzierung im System Geburtshilfe müsste anders geregelt werden, zum Beispiel durch einen Geburtshilfe-Fond. Die Gebührenverhandlungen mit den Krankenkassen haben bisher nichts gebracht, sagt Anke Weber.
Jeder Tag, jede Schwangerschaft und jede Familie ist anders
Trotz allen derzeitigen Schwierigkeiten würde Anke Weber ihren Beruf nie ändern. Für sie ist es der schönste Beruf der Welt. Allen jungen Menschen, die überlegen, ihn zu erlernen, rät sie: nicht abschrecken lassen, sondern dafür kämpfen, dass es künftig besser wird.
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