Generation Mediensucht
Die reale Welt verliert für immer mehr Kinder und Jugendliche an Bedeutung. Forscher warnen vor stundenlangem Daddeln in sozialen Netzwerken wie TikTok & Co..
Quelle: ro/Marion Jetter
Die Studie, die letzte Woche von der gesetzlichen Krankenkasse DAK- präsentiert wurde, ist besorgniserregend: Über 600.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland könnten unter einer krankhaften Nutzung von Social Media und digitalen Spielen leiden. Für die Studie wurden ingesamt mehr als 5000 junge Menschen zwischen 10 und 17 Jahren – sowie je einen Elternteil – zu ihrem Umgang mit digitalen Medien befragt. Berücksichtigt wurden dabei die sozialen Medien – darunter TikTok, Snapchat, Instagram aber auch WhatsApp – sowie Online- und Offline Spiele auf allen technischen Geräten.
Gaming- und Mediensucht hat sich verdoppelt
Das erschreckende Ergebnis: Über sechs Prozent der Minderjährigen zeigten einen krankhaften Umgang mit Social Media – das sind doppelt so viel wie noch vor drei Jahren. Die Wissenschaftler erklären dies durch die soziale Isolation während der Corona-Pandemie. Aber nicht nur. Computerspiele und Social Media sind oft absichtlich so gestaltet, dass die Nutzenden möglichst lange online bleiben. Sie fördern so die Suchtgefahr. Beim Gaming sorgen beispielsweise glücksspielähnliche Strukturen im Spiel dafür, dass Nutzende immer wieder zum Spiel zurückkommen.
Lootboxen in Österreich bereits verboten
Die meisten Gamerinnen und Gamer kennen es: In der virtuellen Landschaft steht plötzlich eine Kiste, die per Zufallsgenerator mit verschiedenen Gegenständen gefüllt ist. Das können schöne Outfits für die eigene Spielfigur, aber auch wertvolle virtuelle Ausrüstung oder Waffen sein, die den Spielerinnen und Spielern dabei helfen, das nächste Level zu erreichen oder das Spiel zu gewinnen. Eine solche Kiste nennt man „Lootbox“ (deutsch: Beutekiste). Das Fatale: Nicht immer sind sie kostenlos! Gerade bei Free2Play-Spieln werden Spielerinnen und Spieler gezwungen, Geld auszugeben, wenn sie weiterspielen möchten. Ganz zu Schweigen vom Suchtfaktor, den sie weiter befeuern.
Auf welche Warnzeichen Eltern achten sollten
Wenn Sie bei Ihrem Kind beobachten, dass es im Bezug auf Dauer und Frequenz der Nutzung die Kontrolle verliert, sollten bei Eltern die Alarmglocken läuten. Auch wenn andere Lebensinhalte wie Sport, Hobbies, Freunde oder Familie in den Hintergrund treten und stattdessen das Smartphone als Beschäftigung priorisiert wird. Wird dieses Verhalten, trotz negativer Konsequenzen (Bestrafung durch die Eltern) weiter fortgesetzt und geht auch jegliches Interesse an gemeinsamen Mahlzeiten oder Hausaufgaben verloren, wird die Nutzung von Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als „krankhaft“ eingestuft.
Gesundheitliche Folgen
Durchschnittlich viereinhalb Stunden sind es pro Tag, welche die Jugendlichen heutzutage auf sozialen Medien verbringen. Bei Gamingsüchtigen sind es sogar fast fünf Stunden täglich. Das hat zweifelsohne Auswirkungen auf Körper und Geist: Bis zu einem Drittel der Befragten gaben an, nach mehrstündiger Nutzung unter Beschwerden am Nacken, den Augen oder den Unterarmen zu leiden. Auch meldeten viele Befragte, dass sie oft nicht mit sozialen Medien aufhören können, obwohl sie vernünftigerweise besser hätten aufhören sollen.
Wie Eltern helfen können
Auch wenn es schwer ist, versuchen Sie zu Hause eine feste Nutzungszeit durchzusetzen. Die Wissenschaftler empfehlen eine Nutzungsdauer von Computer und Spielekonsolen von maximal einer Stunde pro Tag für 11 bis 13-jährige. Ab 14 Jahren sind maximal anderthalb Stunden empfohlen. Nehmen Sie sich in den medienfreien Zeiträumen möglichst viel Zeit für Ihr Kind und zeigen Alternativen zur digitalen Freizeitgestaltung auf. Und bedenken Sie: Sie müssen Vorbild sein!
Hilfe und Info unter: www.mediensuchthilfe.info.