Warum Bio einfach besser ist.
Heute würde man es als Start-up bezeichnen, was Michael Sendl Ende der 1970er Jahre auf die Beine gestellt hat: den ersten Bioladen im Oberland. Daraus entstand der heutige „Biomichl“.
Quelle: ro/Marion Jetter
Das Jahr 1979 steht bei Michael Sendl für eine Zeit des Umdenkens und der Besinnung auf natürliche, biologisch produzierte Lebensmittel. Das Jahr, in dem der „Biomichl“ – heute einer der umsatzstärksten, inhabergeführten Bioläden Deutschlands – ganz klein anfängt: mit einem kleinen Hofladen in der eigenen Garage in Peißenberg. Dort verkaufte der Bio-Pionier Gemüse in Öko-Qualität und das Fleisch der eigenen Rinder. „Damals wurden wir noch als Spinner abgetan. Das waren anstrengende und schwierige Zeiten.“ erinnert sich Michael Sendl. Heute, 44 Jahre später, sieht es anders aus und „Bio ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.“ Gemeinsam mit seiner Frau Karin ist Michael Sendl Inhaber des „Biomichl“ mit etwa 80 Mitarbeitern. Auf einer Fläche von 900 Quadratmetern erwartet die Kunden ein umfassendes Angebot an Biolebensmitteln. Selbst im Laden zu stehen, das ist Sendl wichtig. Und auch die Atmosphäre muss stimmen. „Wir möchten, dass sich jeder bei uns wohlfühlt.“
Michael und Karin Sendl: die Inhaber des Biomichl in Weilheim.
Authentizität und Überzeugung seit 43 Jahren
Täglich kommen rund 1.000 Kunden in das Geschäft in der Weilheimer Pütrichstraße. „Dass alles einmal so gut läuft, habe ich damals nicht gedacht“, freut sich Sendl. Dabei ist es nicht nur das Bewusstsein für nachhaltig produzierte Lebensmittel und der Verzicht auf giftige Pflanzenschutzmittel, der seinen Kunden wichtig ist. Heute sind „Tierschutz“, der „CO2-Fussabdruck“ und die „Vermeidung von Verpackungsmüll“ die großen Themen.
Wer echte und authentische Bio-Lebensmittel sucht, wird beim Biomichl garantiert fündig. Denn Michael Sendl bietet ein 100-prozentiges Bio-Sortiment. „Konventionelle Produkte führen wir nicht. Stattdessen setzen wir auf regionale und vor allem hochwertige Verbandsware, also Produkte mit dem Siegel der Öko-Anbauverbände wie Demeter oder Naturland. Hier sind die Kriterien noch viel strenger, als bei den einfachen Bio-Siegeln.“ Viel wichtiger als das Bio-Siegel ist den Sendls aber der Kontakt zu den heimischen Produzenten, die sie zu einem Großteil persönlich kennen. „Vertrauen und Authentizität, das ist das, was den Biomichl ausmacht.“
Bio ist und bleibt beliebt
Trotz Inflation, Krise und steigernder Lebensmittelpreise kaufen viele Verbraucher nach wie vor „Bio“. Und zwar ganz bewusst. Laut aktuellem Öko-Barometer gaben 89 Prozent der Befragten an, in Zukunft Bio-Lebensmittel kaufen zu wollen. Besonders beliebt sind bei den Kundinnen und Kunden Bio-Eier sowie Gemüse und Obst aus Öko-Erzeugung. Die wichtigsten Gründe für den Bio-Konsum: artgerechte Tierhaltung, möglichst naturbelassene Lebensmittel, regionale Herkunft und eine gesunde Ernährung. Faire Bedingungen bei Produktion und Klimaschutz werden dabei von jeweils einem Viertel der befragten Bio-Käuferinnen und -Käufer angegeben.
Immer einen Schritt voraus
Diesen Trend bestätigt auch die Biofach, die weltgrößte Naturkostmesse, die kürzlich in Nürnberg stattfand. Neben veganen Bio-Produkten, gesunden Zuckeralternativen wie Rote-Bananen-Pulver machte der klimafreundliche Anbau sowie die ressourcenschonende Verpackung den größten Anteil der vorgestellten Neuheiten aus. Auch Michael Sendl ist offen für Neues und hat "Recup-Mehrweg-Kaffeebecher" bereits vor vier Jahren eingeführt. „Kunden, die bei uns einen „Kaffee zum Mitnehmen“ bestellen, zahlen einen Euro Pfand für einen recycelbaren Kunststoffbecher, der dann ungespült zurückgegeben werden kann.“ Die Idee künftig auch Honig oder Brotaufstrich in Pfandgläsern anzubieten, findet Sendl ebenfalls sehr spannend. Schließlich ergänzt sie sich mit dem Gesamt-Konzept des Biomilchl: 50 Prozent des Sortiments wird ohnehin schon unverpackt angeboten. „Der Kunde entscheidet, ob er ein Behältnis für den Transport mitbringt“. Und auch der Vegan-Trend wird gerade in Weilheim umgesetzt. Sendl ist gerade dabei eine vegane Frischetheke einzurichten. „So brauchen Kunden, die sich vegan ernähren, nicht nur auf verpackte Produkte zurückgreifen.“
In Bio-Äpfeln oder -Milch ist mehr Gesundes drin
Viele Verbraucher stellen sich die Frage, ob Bio-Lebensmittel auch gesünder sind. Also beispielsweise mehr Vitamine oder andere Nährstoffe enthalten, als herkömmliche Produkte. Studien haben dies bisher nur im Einzelfall belegt. Das Problem besteht in der Vergleichbarkeit. Denn die Inhaltsstoffe etwa eines Apfels sind von Sorte zu Sorte verschieden. Und es kommt es darauf an, wie der Boden beschaffen ist, wie reif der Apfel war, als man ihn gepflückt hat, wie lange er transportiert und gelagert wurde. Weil Biobauern ihren Pflanzen aber fast immer mehr Zeit zum Reifen lassen, schmecken sie besser. Denn sie enthalten weniger Wasser, schmecken intensiver und haben so ein bisschen mehr an sekundären Pflanzenstoffen, Ballaststoffen und Vitaminen. Bei Bio-Milch ist der Unterschied größer und in zahlreichen Studien belegt: Weil die Kühle den Sommer über auf der Weide stehen und das ganze Jahr über frisches Gras fressen, enthält ihre Milch rund dreimal soviel gesunde Linolsäure (CLA). Zudem wird die Milch meist nicht homogenisiert, was sie verträglicher macht.
Landwirt mit Leib und Seele
„Bei Bio-Fleisch schmeckt man einen großen Unterschied.“ weiß Michael Sendl. Und er muss es wissen, denn er ist nicht nur begeisterter Unternehmer, sondern immer noch Bauer. Der Bioland-Betrieb bei Peißenberg ist das „Herzstück“ des „Biomichl“ und die Heimat einer großen Mutterkuhherde, sagt er. „Unsere Kühe kriegen nur Gras und Heu. Sie wachsen langsam, sind fast ganzjährig auf der Weide und haben viel Platz. Und das Wichtigste: sie werden hier in der Region geschlachtet. Da bringe ich sie selbst hin, am Montag in der Früh.“ Diese stressarme Schlachtung steigert die Fleischqualität und erspart bei der Wurstherstellung den Zusatz von künstlichem Phosphat.
Klar, ist Bio vielleicht manchmal etwas teurer, doch es lohnt sich. Michael Sendl: „Bio muss mehr kosten. Denn wir haben ja auch bewusst geringere Erträge. Künftig werden wir einfach mehr für Lebensmittel ausgeben müssen – für Bio genauso wie für konventionelle Produkte. Das ist der Preis, den wir bezahlen, wenn wir eine intakte Umwelt haben wollen und keine Massentierhaltung.“