Die Spannung steigt: jetzt entscheidet sich, ob Schloss Linderhof und weitere Bauten des Märchenkönigs das Unesco-Siegel bekommen. Ab heute tagt die Welterbe-Kommission in Paris. Und die Chancen für die Auszeichnung stehen für die Königsschlösser gut, sagt Mathias Pfeil, der oberste bayerische Denkmalschützer. Der Welterbe-Antrag umfasst neben Linderhof auch Neuschwanstein, Herrenchiemsee und das Königshaus am Schachen. Die Entscheidung fällt bis zum 16. Juli.
Wir haben uns für euch mit Ettals Bürgermeisterin Vanessa Voit getroffen und unter anderem darüber gesprochen, was der Titel für Linderhof und die Gemeinde bedeuten würde:
Wie groß schätzen Sie die Chancen ein, dass Linderhof das Welterbe-Siegel tatsächlich bekommt?
Vanessa Voit:
Die Schlösser Ludwigs II. beweisen seit Jahrzehnten, dass Sie internationale Strahlkraft haben. Das internationale Interesse ist also gegeben, und damit sicherlich auch das Bestreben, dieses Erbe für die Welt herauszuheben und zu zeigen: diese besonderen, diese einzigartigen Denkmäler sollen auch für zukünftige Generationen bewahrt werden. Denn worum geht es denn mit dem Siegel: es geht darum, Architektur, die für einen größeren und übergeordneten Zusammenhang steht, zu bewahren. Und die Schlösser stehen schon sehr lange nicht nur für Bayern als Identifikationsmerkmale, sondern auch in der Wahrnehmung von außen sind sie wichtige Symbole für unser Land und unsere Identität als Bayern. Also: ich denke, die Chancen stehen gut.
Was würde der Welterbe-Titel für Schloss Linderhof und Ettal bedeuten?
Vanessa Voit:
Der Welterbe-Titel würde aus meiner Sicht für uns alle eine Bestätigung sein: eine Bestätigung für die lokale, regionale, nationale und internationale Bedeutung dieses so außergewöhnlichen und so fragilen Ensembles. Eine Bestätigung, dass es über unsere Grenzen hinaus eine Bedeutung hat, die uns signalisiert: Bitte sorgt dafür, dass es erhalten bleibt. Eine Bestätigung dafür, dass es immer der richtige Weg war, sich in Bayern für dieses wichtige kulturelle Erbe und diese touristische Magneten zu entscheiden – eine Bestätigung außerdem dafür, welche weltweite Anerkennung unseren Anstrengungen beigemessen wird, diesen besonderen Ort zu pflegen und zu erhalten.
Welche Strahlkraft hätte so ein Siegel für die ganze Region?
Vanessa Voit:
Das Welterbe-Siegel würde uns mit den Schlössern in den Fokus einer Weltöffentlichkeit rücken. Das würde uns die Chance eröffnen, uns sowohl selbst in der Region als auch in Zusammenarbeit mit dem Freistaat in besonderem Maße dem Thema des Kulturtourismus zu widmen, zu zeigen, in welcher Weise die Schlösser mit der Region verbunden sind. Und es würde uns die Chance erneut vor Augen führen, gemeinsam Wege der Zusammenarbeit auch über Landkreisgrenzen hinweg gehen zu können.
Was würde sich für Besucher von Linderhof mit dem Siegel ändern?
Vanessa Voit:
Für die Besucher von Linderhof würde sich im Idealfall nichts ändern: es ist heute schon so, dass die Besucher auf ein fachlich und liebevoll gepflegtes Ensemble schauen können, sie haben einen der bedeutsamsten Landschaftsparks Europas vor sich, den sie bestens gepflegt erkunden können, und ein bezauberndes Schloss mit engagierten, sachkundigen und international versierten Mitarbeitern, die auch größerem Interesse mit Souveränität gewachsen sind.
Kritiker befürchten durch den Welterbe-Status noch mehr Gästen an einem Touristen-Hotspot - Stichwort Overtourism. Können Sie diese Befürchtungen nachvollziehen?
Vanessa Voit:
Dass das Siegel größere Aufmerksamkeit nach sich zieht, ist ja völlig normal. Aber gleichzeitig kann man sich vor Augen führen, dass die Infrastruktur für große Besucherzahlen hier schon vor Jahrzehnten geschaffen worden ist und die Region damit bisher gut umgehen konnte. Die Chance, mit allen Akteuren zusammenzuarbeiten, und uns gemeinsam darüber Gedanken zu machen, wie wir aktiv in eine Lenkungsfunktion einsteigen, ist eine, die wir dann angehen könnten. Stichwort: Mobilität, Stichwort Vermittlungsangebote, Stichwort Regionen- und Behörden-übergreifende Zusammenarbeit, Stichwort Vernetzung mit allen touristischen Akteuren.